Der Hund aus dem Internet
Der Gedanke an die sozialen Medien bringt so manchen Diskurs ins Rollen, wenn man den Beitrag von Tierschutzorganisationen in Betracht zieht. Tiere werden mit Hilfe von Instagram, Facebook und Co. auf Grund der größeren Reichweite sicherlich schneller vermittelt. Doch so faszinierend die Tatsache auch ist, dass Tiere mittlerweile per wenigen Mausklicks „bestellt“ und gerettet werden können, muss ein Bewusstsein über die Tragweite und Nachteile deutlich werden. Ein Tier im Internet zu bestellen ist schon etwas makaber und hat auch einen oberflächlichen Aspekt. Seien wir mal ehrlich, Geschmäcker sind verschieden und was gefällt ist subjektiv. Schon komisch, wenn man darüber nachdenkt, dass die eingestellten Bilder des Tieres über sein weiteres Leben entscheiden. Einen Hund real vor sich zu haben und sich gegen ihn zu entschieden beeinflusst uns nun einmal anders, als wenn wir ihn mit der Maus weiter scrollen oder ihn weg klicken. Die einzige Hoffnung die da bleibt ist getreu dem Motto: zu jedem Topf passt ein Deckel. Aber ungeachtet des Aussehens spielt der Charakter des Tieres eine Rolle. In der Regel können die Tiere aus dem ausländischen Tierschutz vorher nicht gesehen werden. Bis auf Fotos und Videos bleibt ein Kontakt solange aus, bis der Hund tatsächlich da ist. Im Prinzip kauft man also erst einmal die Katze im Sack. Ein Glück bleibt allen Leuten denen das zu unsicher ist die Alternative mit dem Tierheim oder aber Pflegestellen der Organisationen in denen die Tiere leibhaftig begutachtet werden können. Wir haben uns persönlich für die etwas riskantere Variante, entschieden und haben eine Wundertüte bei uns einziehen lassen. Aber fangen wir von vorne an.
Eines Tages kam der Tag an dem wir uns entschieden haben einen Hund zu adoptieren und unsere kleine Familie somit um eine Seele zu erweitern. Bevor es aber soweit sein sollte, dass tatsächlich eine Fellnase bei uns einzieht musste ein Plan her. Relativ präzise Vorstellungen von unserem späteren Leben mit Hund mussten selbstverständlich sein, denn wer möchte in purer Ungewissheit leben? Wir Menschen, als planende Wesen taten also was? Richtig, planen. So standen zunächst viele verschiedene Entscheidungen zu den verschiedensten Fragen an.
Woher soll der Hund sein – Tierheim, Tierschutz aus dem In- oder Ausland oder vielleicht doch ein Züchter? Welches Geschlecht soll unser zukünftiges Familienmitglied haben und was bringt das vielleicht für Probleme mit sich? Welche Größe und Alter soll das Tier haben? Soll es eine bestimmte Rasse sein oder geben wir uns auch mit einer Promenadenmischung zufrieden? Haben wir die Zeit und die nötigen Mittel für eine Hundehaltung? Besteht im Notfall eine Unterstützung von Familie oder Freunden? Und was sagt überhaupt der Vermieter zu unserem Vorhaben?
Fragen über Fragen, die bei unserer Lebenssituation immer wieder zum Zweifeln angeregt haben. Eine Studentin, die 150 Km bis zur Uni fahren muss und sich mit geringfügiger Beschäftigung über Wasser hält und ein Angestellter mit einer 40 Stunden Woche der täglich fast 3 Stunden pendelt und dann auch noch „nebenbei“ seinen Master macht. Die Zeichen standen nüchtern gesehen eher schlecht. Doch nach reiflicher Überlegung und einigen Abstrichen war der Drang und Wunsch nach einem Hund größer und der Plan schien vollkommen und ausgefeilt. Es wurde Kalkuliert, diskutiert und weiter in die Zukunft geschaut bis wir einen klaren Plan hatten. Wie die Zukunft mit Hund sein sollte war schwieriger zu Beschreiben als das Bild, wie der Hund aussehen sollte, denn das war uns beiden relativ klar. Ein Hund aus dem Tierschutz sollte es werden. Gerne um ein Jahr alt, nicht kleiner als 40cm und nicht größer als 50cm sollte er sein und bestmöglich wenig Haare verlieren, denn das erschien uns Praktikabel. Am liebsten einer bei dem jeder seinen Senf zugegeben hat – ein klassischen Senfhund eben. Weiterhin war es uns wichtig, dass er zu unserem Leben passt und so ein glücklicher Teil unserer Familie werden kann. Wir beide sind gerne sportlich unterwegs und da sollte der Hund natürlich mit dabei sein und Spaß daran haben. Unser Traumhund schien klar definiert zu sein, aber Achtung Spoiler! Es wurden weniger Punkte als gedacht erfüllt. Auch wenn wir Menschen sind die eher auf den Kopf und den Verstand hören, haben wir uns bei der Entscheidung für den Hund der einziehen soll eher an unserem Herzen und dem Bauchgefühl orientiert. So wurde aus dem höchstens 50cm großen Rüden eine 56cm große Hündin mit viel Fellverlust. Zum Leidwesen unseres Staubsaugers, der an schlechten Tagen direkt zwei Mal die Wohnung reinigen durfte. Aber fangen wir von vorne an.
Nachdem das grüne Licht von unserem Vermieter kam und wir uns mehr als sicher waren, dass wir ein Leben mit Hund meistern können begann unser kleines Abenteuer. Die Suche nach dem richtigen Hund stellte sich schwieriger dar als gedacht. Nicht, weil wir nicht wussten wo wir nach einem Hund Ausschau halten konnten, sondern auf Grund der Masse an Tieren die ein Zuhause für immer suchten. Für uns war es eine Herzensangelegenheit einen Hund aus dem Tierschutz zu adoptieren, weshalb sich unsere Suche etwas einschränkte. Es war jedoch immer noch eine unfassbare Menge an Tieren, die in Sheltern darauf warteten adoptiert zu werden. Berührt von der Tatsache wie sich viele Tierschützer im Ausland für die armen Seelen ins Zeug legen, um so viele wie möglich von ihnen zu retten haben wir uns für den Tierschutz im Ausland entschieden. Selbstverständlich gibt es hier auch viele Hunde, die ein Zuhause verdient haben und die Tierheime laufen über. Trotzdem hat unser Herz uns ins Ausland getragen. Vielleicht auch, weil die Regelungen für Straßenhunde in manchen Ländern gravierend sind und zu oft mit dem Tod der Tiere enden.
Zu nächst klickten wir uns durch sämtliche Internet- und Facebookseiten, um uns einen Eindruck über die Fülle der Organisationen zu machen. Uns war es wichtig die Organisation auf Herz und Nieren zu prüfen. Wir stellten uns dafür verschiedene Fragen.
Handelt die Organisation transparent? Können sie mir meine Fragen beantworten? Nehmen sie sich Zeit für mich und meine Anliegen? Welche Referenzen haben sie? Gibt es Ansprechpartner bei Fragen rund um den Hund? Erfolgt eine Betreuung auch nach der Adoption?
Bei unserer Suche nach einer geeigneten Organisation machten wir es uns zunächst einfach und fingen bei einer für uns bekannten Organisation, der Tierhilfe Sara Lanzarote an. Diese Tierschutzorganisation kennen wir seit 2010, denn mein erster Hund Yupy wurde damals von ihnen aus einer Tötungsstation gerettet. Aufmerksam wurden wir durch eine Bekannte, die uns die Organisation empfohlen hatte – klassische Mund zu Mund Propaganda. Die Ehrenamtlichen Helfer waren mehr als freundlich und haben uns gut informiert. Bei Problemen konnten wir jeder Zeit den Kontakt zu der Organisation aufnehmen und uns beraten lassen. Gegen eine Schutzgebühr von 350€ durften wir Yupy als neues Familienmitglied zählen. Wir wurden lange im Voraus über den Hund informiert, bekamen Bild und Videomaterial von dem kleinen Spanier und konnten seine Entwicklung nachverfolgen. Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt und empfehlen diese Organisation deshalb guten Gewissens weiter. Gerne hätten wir einen Hund von dort adoptiert, aber zu dieser Zeit konnte leider kein Hund unser Herz erobern. Nach dem wir unserer Bekannten Tierschutzorganisation keinen Hund abnehmen konnten ging die Suche weiter. Längere Zeit verfolgte ich bereits verschiedenste Tierschutzorganisationen aus Bulgarien, Russland, Rumänien, Litauen und der Ukraine. Viele Organisationen entdeckte ich durch Berichte von Freunden und Bekannten, einige durch Zufall. Die Organisation Glück für alle Pfoten e.V. kam in unsere engere Auswahl. Berichte, Offenheit, und Transparenz der Organisation überzeugten uns, weshalb wir uns auf die Suche nach unserem Hund machten. Ähnlich wie bei der Tierhilfe Sara Lanzarote haben wir uns gut aufgehoben und beraten gefühlt. Der Ablauf der Adoption war klar und nachvollziehbar. Wir füllten einen Bogen aus in dem alle möglichen Fragen beantwortet werden mussten. Hauptsächlich Fragen, um das neue Zuhause des Tieres einschätzen zu können. Von Fragen nach der Unterbringung des Tieres, der Zeit für die Eingewöhnung bis hin zu Fragen bezüglich der Finanziellen Absicherung war alles dabei. Dieser Bogen half uns noch einmal über unsere Entscheidung nachzudenken und uns zu vergewissern, dass wir die Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen können und möchten. Ehe wir uns versahen erfolgte eine Vorkontrolle bei der wir umfangreich über den Hund und die möglichen Krankheiten und Probleme informiert worden sind. Die Mitarbeiter des Tierschutzes lernten uns kennen und gaben eine Einschätzung an die Organisation weiter. Nach der erfolgreichen Kontrolle überwiesen wir 280€ Schutzgebühr und keine zwei Wochen nach unserer Anfrage zog Shakeera bei uns ein.
Wir sind der Meinung, dass jeder Hund, egal aus welchen Umständen er kommt, die Chance verdient hat ein neues, Leben mit vielen Erfahrungen zu bekommen. Es sollte nicht daran scheitern, dass man das Tier vorher nicht ausgiebig „testen“ durfte bevor es endgültig einzieht. Letzen Endes kommt es unter anderem auf die Beziehung zwischen Hund und Mensch an, ob es funktioniert oder nicht. Man könnte auch sagen, dass die Tiere sich die Besitzer aussuchen und nicht andersherum. Wir können auch nicht jeden Menschen leiden und bei Hunden ist es ähnlich. Die Tatsache wie der Mensch die Beziehung unterstützt und gestaltet sind Faktoren, die das Leben mit Hund beeinflussen und entweder Wind unter die Flügel bläst oder aber das Boot zum Kentern bringt. Am Ende sind wir Menschen diejenigen mit denen alles steht und fällt. So oder so muss die Entscheidung für ein Tier aus dem Tierschutz in jeder Hinsicht sehr gut abgewogen werden. Häufig sind diese Hunde unter grausamen Bedingungen gefunden worden und haben vieles Miterlebt, was keine Seele auf der Welt erleben sollte. Das ein Hund also Angst hat und vielleicht etwas länger braucht als andere Hunde sollte immer mitbedacht, aber nicht als absolutes Ausschlusskriterium gesehen werden.
Wir freuen uns über jeden, der sich für ein Tier aus dem Tierschutz entscheidet und das Abenteuer mit einer Fellnase wagt. Wir können nur sagen, dass es sich alle mal lohnt einem Tier ein Heim zuschenken.